Am Donnerstagabend öffnet das Reutlinger Kunstmuseum Spendhaus wieder – mit zwei Förderpreisträgern und Farbholzschnitt-Juwelen aus dem Fundus
REUTLINGEN. Sechs Wochen war das Kunstmuseum Spendhaus wegen Umbauarbeiten geschlossen. Am Donnerstagabend um 19 Uhr wird es mit Kunst auf vier Etagen wieder eröffnet.
Der Freundeskreis hat die beiden Studenten an der Stuttgarter Akademie der Bildenen Künste Elisa Lohmüller und Daniel von Alkier mit seinem Holzschnitt-Förderpreis 2025 und einem Betrag von je 2500 Euro bedacht. Sie stellen parterre und in ersten Stock aus. In den beiden obersten Etagen hat Museumsleiter Stephan Rößler unter dem etwas knalligen Rihanna-Titel „Shine Bright Like a Diamond“ Farbholzschnitte des 20. Jahrhunderts mit Weltnamen wie Picasso, Kandinsky, Gauguin oder den „Jungen Wilden“ der Wendejahre aus den Beständen zusammengestellt, zwischen denen natürlich auch Werke von HAP-Grieshaber hängen.

Die drei Konzept-Arbeiten der im Jahr 2000 in Reutlingen geborenen Elisa Lohmüller haben mit Holzschnitt nun zwar denkbar wenig zu tun. Dafür haben sie einen hohen lokalen Bezug. Mithilfe von städtischen Bauhof-Arbeitern hat sie 81 Steinquadrate, 30 auf 30 Zentimeter groß, vom alten Busbahnhof am Willy-Brandt-Platz – einen „vielbesuchten, aber auch polarisierenden Ort“ nannte ihn Co-Kurator Johannes Krause-Schenk – ausgebuddelt, gereinigt und mit den verbliebenen Spuren von Kaugummis und verharzten Ölflecken im Spendhaus Erdgeschoss zu einer hufeisenförmigen Bodenplastik zusammengelegt.

von Sitzen aus Zügen der Regionalbahn. Foto: Martin Bernklau
Ein ähnliches Konzept hat sie mit dem Schmutz verfolgt, den starke Staubsauger aus verschlissenen Stoffsitzen einer Regionalbahn gezogen haben. Mit Zellulose und Bindemitteln versetzt, hat sie diese Spuren zu den blassen Silhouetten vierer solcher Sitze auf reinweißem Untergrund geordnet. Für die dritte Arbeit hat sie per Annonce Autobesitzer gesucht, deren Fahrzeuge aus verschmähter Liebe, Eifersucht oder Rache per Schlüssel zerkratzt wurden. Diese Zeichen hat sie auf fünf Fotografien dokumentiert, die sie schräg an die Wand gelehnt hat.

Daniel von Alkiers vor Ort gefertigte Arbeit, ein bedruckter weißer Wandteppich von 42 Metern Länge, der den ganzen Hauptraum umfängt wurzelt in kleinformatigen Druckstöcken verschiedenen Materials (überwiegend Linoleum) und verschiedenster Techniken, die er während der zwangsweisen Corona-Isolation zu bearbeiten begonnen hatte.

Auch größere Formate mit unterschiedlichsten Motiven von mittelalterlicher Architektur bis zu Gesichtern oder Penissen hat er auf dem Boden in die Baumwolle gedruckt und zu einer lyrischen Bildfolge gefügt, die nun den Raum umspielt, sich gelegentlich hauchfein bewegt und den Durchblick auf die Fenster freigibt, die dem unterschiedlichen Tageslicht wieder geöffnet worden sind.

Die Farbholzschnitte von Künstlern des 20. Jahrhunderts, grob chronologisch oder nach Gruppen wie dem „Blauen Reiter“ , der Pop Art oder den „Jungen Wilden“ geordnet, umfassen klangvolle Namen und großartige Werke, darunter Paul Gauguin mit „Te Po – La grande nuit“, Roy Lichtensteins „Head“, HAP Grieshabers „Siamkatze“, Franz Marc (die großartige „Schöpfungsgeschichte“ von 1914), Erich Heckel, Wassily Kandinsky, Pechstein, Kirchner, Campendonk bis hin zu Georg Baselitz, A.R. Penck, Markus Lüpertz, Horst Janssen („Große Affen“) und Jonathan Meese aus dem städtischen Besitz. Von Gabriele Münter gibt es einen netten „Neujahrswunsch 1911“. Auch ein farbstarker Picasso ist dabei. Besonders originell das Holzschnitt-Werbeplakat für die Berliner Malschule „Moderner Unterricht von MPechstein u. ELKirchner“.

Die Eröffnung mit der Vergabe des Förderpreises beginnt im Lichthof der benachbarten VHS am Donnerstag, 13. März 2025, um 19 Uhr.
