Die Württembergischen Philharmoniker luden zum Jahreswechsel in die Reutlinger Stadthalle
REUTLINGEN. Die Abendroben waren länger und glitzerten etwas festlicher, zu den dunklen Anzügen trug man mehr Krawatte und Einstecktuch als sonst, und die Stadthalle war ziemlich gut gefüllt, als die Württembergische Philharmonie am frühen Silvesterabend zu ihrer Gala lud, bevor man sich dem Dinner, dem Schampus und dem Feuerwerk widmen durfte.
Als gutgelaunter und humoristisch versierter Moderator und Dirigent führte Johannes Klumpp durch ein leichtes, aber bekanntlich desto schwerer zu spielendes Programm mit dem Belcanto des Südens, dem Walzer und der Operette Wiens als Schwerpunkten. Nach dem Folkwang Kammerorchester in Essen hat Johannes Klumpp seinen eigenen Schwerpunkt mittlerweile als Chefdirigent der Sinfoniker in Heidelberg.
Passend waren die Vokalsolisten ausgesucht, und passend führten sie ihre Stimmen: Die junge Koloratursopranistin Leonor Amaral im glutroten Abendkleid ist gebürtige Portugiesin, kam zum Studium nach Deutschland und kann schon auf viele Auszeichnungen und Erfahrungen gerade in den Genres zwischen Oper, Operette und Musical verweisen. Ähnlich rasant geht die Bühnenkarriere des in Freising geborenen Tenors Julian Habermann aufwärts, der bei den Regensburger Domspatzen begann, in Würzburg und Frankfurt studierte und neben dem Belcanto auch oratorisch mit der Gaechinger Cantorey brillierte.
So eine Gala spielt sich freier, flexibler und mit großzügigeren Affekten als ein ernsteres Programm. Da dürfen die Blechbläser wuchtige Schlussakkorde schmettern, die Piccoloflöte kann mit lautstark schneidender Schärfe intonieren, und die Streicher dürfen allen Schmelz und tänzerische Dehnungen zum Beispiel in den Walzer „Rosen aus dem Süden“ von Johann Strauß Sohn legen, mit dem der Abend schwingend wienerisch begann.
Italienisches Flair einer Mondnacht am Strand verbreitete sich mit Gioacchino Rossinis „La Danza“, iberisch Exotisches erklang mit einer Liebeständelei aus der Oper „Las Hijas del Zebedeo“ von Ruperto Chapi. Nach den italienischen Opern-Königen Puccini und Donizetti durfte das Publikum den „Teufelstanz“ eines Joseph Hellmesberger vernehmen und in die Pause feiern, der im ausgehende 19. Jahrhundert hauptberuflich die Wiener Philharmoniker als Konzertmeister führte.
Den zweiten Teil dominierten die k&k-Österreicher mit den großen Namen von Walzer und Operette: Franz von Suppé, Robert Stolz, Franz Léhar oder Emmerich Kálmán mit einem Arrangement des Duetts „Tanzen möcht‘ ich“ aus der „Czárdásfürstin“ aber auch der Filmkomponist Hans May mit „Ein Lied geht um die Welt“. Mit vielen Zugaben wurde ein begeistertes Publikum mit prickelnder Laune in in die lange, laute und leuchtende Silvesternacht entlassen.
Den besten Wünschen für ein Gutes Neues, vielleicht doch besseres Jahr 2024 sei sich auch an dieser Stelle angeschlossen.