Musik

Metzingen – Mozarts Requiem


Am Samstag führte die Martinskantorei Metzingen unter der Leitung von KMD Stephen Blaich und KMD Peter Ammer in der Martinskirche das Mozart-Requiem auf.

METZINGEN. Eigentlich liegt es nahe, ein Konzert am 9. November als Gedenkkonzert aufzuziehen: Dieser Tag gilt als „Schicksalstag der deutschen Geschichte“; aktuell wird des Mauerfalls 1989 sowie der Pogromnacht 1938 gedacht. Gerade das Mozart-Requiem hat sich schon lange als Standardwerk für ernste Anlässe etabliert.

KMD Peter Ammer am Pult, eingerahmt von den vier Vokalsolisten. Foto: Susanne Eckstein

In früheren Zeiten hatte die „Seelenmesse“ eine andere Funktion: Der Priester las sie gegen eine großzügige Spende, manchmal mit Musik, am Todestag einer verstorbenen Person; deren Seele suchte man damit angesichts von Gericht und Fegefeuer zur ewigen Ruhe („requiem aeternam“) zu verhelfen.

Mozart hatte „sein“ Requiem als Auftragswerk für Graf Walsegg begonnen, der es als eigenes ausgeben wollte; daher die Heimlichtuerei, die der Legendenbildung Vorschub leistete. Als Mozart in der Nacht auf den 5. Dezember 1791 überraschend starb, mussten Kollegen die Arbeit zu Ende führen. Die Sätze ab dem „Sanctus“ komponierte Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr nach dessen Vorbild.

Stephen Blaich und seine Martinskantorei stellten das Mozart-Requiem in den Rahmen eines Kirchenkonzerts; das Glockengeläut setzte ein deutliches Zeichen. Als Auftakt erklang die eher selten aufgeführte Choralkantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, in der dieser sich hörbar mit der Musik von Johann Sebastian Bach auseinandersetzt, grundiert durch farbige Harmonik. Ein anspruchsvolles Werk für einen geübten Chor samt Orchester, von der Martinskantorei und den Tübinger Streichern klang- und kraftvoll zu Gehör gebracht, mit Susan Eitrichs weichem Solo in der Mitte.

Einen sanften Übergang zum Requiem bildete Anton Bruckners Adagio-Satz aus dem Streichquintett F-Dur. Ungewohnt zart, so ganz ohne das typische Blech, öffnete die Umsetzung durch Concerto Tübingen das Ohr für einen anderen Bruckner und zugleich für die religiöse Dimension Mozarts. Dass die Nebenstimmen gegenüber den überdeutlichen Violinen etwas zu kurz kamen, taten dem keinen Abbruch.

Hatte bisher Stephen Blaich dirigiert, übergab er nun das Dirigentenpult Peter Ammer. Dieser vertrat Blaich im Konzert, nachdem dieser während der Proben hatte feststellen müssen, dass ein Corona-Gehörleiden wiederkehrte. KMD Peter Ammer ist gebürtiger Reutlinger, Bezirkskantor in Nagold und (unter anderem) Präsident des Verbandes Evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Deutschland. Er erwies sich als kundiger und engagierter Fürsprecher Mozarts mit breiter Gestik; offenbar herrschte tiefes Einverständnis zwischen ihm und den Mitwirkenden.

Einig waren sie sich in der gefühlvollen Deutung des Werks: betont ruhig und wuchtig der Introitus, kontrastreich im Wechsel zwischen zorniger Majestät, Furcht und Flehen die Sequenz, intensiv beseelt die Süßmayr’schen Ergänzung ab „Lacrimosa“.

Die Vokalsolistinnen Susan Eitrich, Sopranistin aus Reutlingen und Tina Sauter, Choristin der Martinskantorei. Foto: Susanne Eckstein

Auch die Vokalsolisten fügten sich nahtlos ins Bild. Mozart setzt sie hier als Ensemble ein, und man durfte staunen, wie wunderbar sich die vier makellos geführten Stimmen – trotz der räumlichen Distanz – zu einem homogenen Quartett vereinten: Susan Eitrich, Sopranistin aus Reutlingen, Tina Sauter, Choristin der Martinskantorei, und die beiden jungen Sänger Lars Tappert (Tenor) und Jan-Henrik Witkowski (Bass).

Die beiden jungen Sänger Lars Tappert (Tenor) und Jan-Henrik Witkowski (Bass). Foto: Susanne Eckstein

Den Löwenanteil dieser Requiem-Vertonung trägt der Chor. Die etwa 50-köpfige Martinskantorei zeigte sich ihr gut gewachsen in der manchmal schwierigen technischen Umsetzung, in Stil und Ausdruck, in Andacht und Leidenschaft – angesichts der Umstände eine bemerkenswert geschlossene Leistung, die vom Publikum mit anhaltendem Applaus gewürdigt wurde.

Click to comment

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

To Top