Musik

Landesjazzfestival – Fola Dada Superstar

Fola Dada krönt das Landesjazzfestival „Beyond Borders“ mit ihrem Schlusskonzert im Saal der Tübinger Westspitze

TÜBINGEN. Eine wie sie darf sich das leisten: Fünfmal kokettierte die großartige Fola Dada mit dem Spruch, „keinen reinrassigen Jazz“ zu bieten. Nichts anderes aber tat die charismatische Sängerin an diesem denkwürdigen Pfingstmontagabend mit ihrer Band in dem von gut 250 Jazz-Enthusiasten überfüllten Saal der Tübinger Westspitze beim umjubelten Abschlusskonzert des Landesjazzfestivals, zumal sich das zweiwöchige Event mit seinen zwanzig Auftritten und weit über 3000 Besuchern – ein sensationeller Erfolg für die Gastgeber vom Tübinger Jazzclub – das Leitwort „Beyond Borders“ gegeben hatte.

Fola Dada stellt ihre Band vor: Jazztrompeter Joo Krauß, Drummer Tommy Baldu, Joscha Glass am Bass und ihren Keyboarder, Pianisten, Mit-Komponisten und Arrangeur Ulf Kleiner (vlnr.). Fotos Martin Bernklau

Es ist längst völlig normal geworden, dass der Jazz Grenzen überschreitet und Stile mischt – vielleicht war es das schon immer, wie auch das Musikmachen in vielen ständig wechselnden Formationen Standard ist. Genauso aufregend bleibt, wie nachhaltig diese Nischenkunst nach wie vor die benachbarten Genres von Klassik bis Rock und Pop befruchtet. Gegen das befürchtete Verzwergen oder gar Absterben, gerade nach dem kulturellen Kahlschlag der Corona-Zeit, lieferte das Festival einen ganz starken Gegenbeweis. Man sah „glückliche und müde Menschen“ beim Veranstalter-Team, wie Jazzclub-Chef Martin Trostel zur Begrüßung sagte. Und hingerissen hellwache Besucher, nicht selten am glücklichen Ende eines Konzert-Marathons.

Mit „Earth“, der Titelnummer des ersten Albums, begann Fola Dada, nachdem sie ihre Band aus lauter erstrangigen Musikern vorgestellt hatte, allen voran den Trompeter Joo Kraus, den zwischen Keyboard und Flügel wechselnden Ulf Kleiner, den Drummer Tommy Baldu und Joscha Glass am Bass. Die gebürtige Kornwestheimerin Fola Dada ist längst zu einer Institution des Jazz weit über das Land hinaus geworden.

Fola Dada. Foto: Martin Bernklau

Sie textet und komponiert, performt und tanzt nicht nur, sie ist auch Dozentin an den Landesakademie im Kloster Ochsenhausen, in Stuttgart, Freiburg und Nürnberg und Professorin an der Popakademie in Mannheim, wo sie ihr Diplom gemacht hatte. Zudem hat ihre Stimme im Landesmusikrat Gewicht. Dass sie keine Berührungsängste plagen, zeigt ihr langjähriges Coaching samt Sprecherziehung für Casting-Shows wie Superstar-„DSDS“. Pop und Soul prägen Fola Dadas Stil, ihren ganz eigenen Fusion-Jazz vielleicht am stärksten.

Im Jubel baden: Das Publikum in der Westspitze feiert Fola Dada und ihre Band. Foto: Martin Bernklau

Dem „Earth“-Song folgte das Trompeten-Intro für „Sisters and Brothers“, das auf dem vielleicht noch in diesem Jahr erscheinenden zweiten Album der Fola-Dada-Band zu hören sein wird. Man bemüht bei der Jazztrompete immer Miles Davis als Maßstab, aber der Ton von Joo Kraus ist bei allen ähnlich lang gedachten Linien doch ein ganz eigener: weniger weich und schwerelos, sondern oft härter, kantiger und zuweilen explosiver, dabei aber auch ganz bezogen auf die Verbindung zu den auf Marimba oder Celesta-Sound gestimmten Keyboards des Pianisten, zu Drums und Bass natürlich auch, vor allem aber zu den Vocals von Fola Dada.

Ihre Stimme ist ein Beispiel dafür, dass es darauf ankommt, was man daraus macht: Nicht übertrieben spektakulär in Volumen, Umfang, Farbe oder souliger Kehligkeit ist sie doch zu einer unverwechselbaren Delikatesse, Vielfalt, Phrasierungskunst und Ausdruckskraft geschult, die mit dem Charisma der Person verschmelzen. Dass fremde Texte auch zu den ihren passen, zeigte sich in der Version von „Self Fulfilling Prophecy“ einer norwegischen Formation mit Jazzrock-Charakter. Einen „positiven Song“ in freundlichem C-Dur ließ die Band folgen, bevor das erste Set mit „We Run“ endete, einem atemlosen Hamsterrad-Song mit mono-tonem Orgelpunkt-Bass, einer gedämpften Trompete und einem Piano, von dem die treibende Motorik ausging.

Ein sanftes „I don’t want to wait in vain for Your love“ eröffnete den zweiten Teil, wobei das Publikum in den Refrain einstimmen sollte, gefolgt von der Cover-Version eines Sade-Songs und einer traurig-schönen Abschieds-Hommage an die eigene Mutter, die im Sterben lag, als die Band das Layout von Ulf Kleiner im vergangenen Jahr zum ersten Mal auf die Bühne brachte. Immer wieder wurden die Soli mit Szenenapplaus bedacht, darunter auch ein Vocal (wie in der zweiten Zugabe) von Trompeter Joo Kraus in HipHop-Manier. Drummer Tommy Baldu zeigte sich auch in seinen Soli ungemein subtil und delikat statt bloß in extrovertiertem High-Speed-Donnern. In der nächsten Nummer lieferte Fola Dada den längsten Schlusston des Festivals, geradezu Barbra-Streisand-mäßig. Herrlich!

Die großartige Gedichtvertonung von Maya Angelous grandiosem „Still I Rise“ war der umjubelte Höhepunkt, die Cover-Version von Emily Kings „Georgia“ die erste Zugabe eines fantastischen und frenetisch gefeierten Abschlusskonzerts für das Festival.

Feedback:

Thanks… für den tollen Artikel über Fola & Festival & Club … jetzt ist erstmal etwas chillen angesagt bei uns, im Club geht’s erst wieder im September weiter  😊

Cheers Martin

Martin Trostel, 1.Vorsitzender Jazzclub Tübingen

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