Die sommerlichen Klosterkonzerte in Bebenhausen endeten mit Streichern der Berliner Symphoniker und Solisten unter der Leitung von Gudni A. Emilsson.
BEBENHAUSEN. Ein Saisonschluss vor ausverkauftem Haus: das letzte der Bebenhäuser Sommerkonzerte mit einem Streicherensemble der Berliner Symphoniker. Als Solisten gastierten der Flötist Giuseppe Nova und der Cellist Alexander Hülshoff, die Leitung hatte Gudni A. Emilsson.
Obgleich das unbelüftete Sommerrefektorium an schwülen Tagen keinen erfrischenden Aufenthalt bietet, wurde es auch diesmal voll bis zum allerletzten Platz. Musikalisch war viel geboten: Der rührige Tübinger Kulturmanager und Dirigent Gudni A. Emilsson hatte die renommierten Berliner Symphoniker engagiert, und zwar in einer kleinen Streicherbesetzung, die akustisch gut mit dem Raum harmonierte.
Das Programm war dazu angetan, beschwingt in die Sommerferien zu starten: zunächst mit fünf griechischen Tänzen von Nikos Skalkottas. Zwar wird stets aufs neue kolportiert, diese Stücke seien Zwölftonmusik, doch sie sind es genausowenig wie die Rumänischen Volkstänze von Bartók, mit denen sie verwandt sind – sie verbinden alte Folklore mit neuem kompositorischem Denken. In diesem Fall setzten Orchester und Dirigent eher auf Spielfreude und quasi-romantischen Schmelz, so dass die Feinstruktur kaum hörbar wurde.
Danach traten die Solisten aufs Podium: zuerst Giuseppe Nova, ein Flötist der älteren Generation, doch technisch enorm leistungsfähig. Das bewies er gleich mit dem (nachträglich ins Programm genommenen) Andante in C von Mozart; bei all seiner Schlichtheit fordert es vom Solisten viel Kraft und langen Atem, des weiteren einen ausgewogenen, makellosen Ton – Giuseppe Nova blieb ihm nichts schuldig.
Der Opernmann Verdi hat bekanntlich gar nichts für Flöte komponiert. Die ihm hier zugeschriebene Fantasie für Flöte und Orchester stammt von Wilhelm Popp (1828–1903) und ist dessen „Rigoletto-Fantasie“ op. 335, ein typisches Virtuosenstück des 19. Jahrhunderts – Gelegenheit für den Solisten, präzise Geläufigkeit in halsbrecherischen Figurationen im Wechsel mit ariosen Kantilenen zu demonstrieren. Giuseppe Nova meisterte es mit Brillanz und Eleganz, belohnt vom Jubel des Publikums.
Auch der zweite Solist des Abends wurde zu Recht bejubelt: Alexander Hülshoff, der mit Haydns Cellokonzert C-Dur ebenfalls eine Glanzleistung erster Güte lieferte. Er spielte es komplett auswendig in einer geradezu draufgängerischen Spielfreude, in der ihm das Orchester schwungvoll assistierte, inspiriert durch das souveräne Dirigat von Gudni A. Emilsson.
Der erste Satz federte wie ein barockes Concerto, gekrönt durch eine vor Spielwitz sprühende Solokadenz; im ruhigen zweiten Satz schienen Solist und Begleiter/innen mit den Ausdrucksmöglichkeiten zu spielen – eine eher seltene, quasi als Meta-Ebene über der Interpretation stehende, doch gerade für Haydn angemessene Herangehensweise. Alle Beteiligten fühlten sich offenbar zuhause in dieser Welt des wandlungsfähigen, freien Spiels, das sie im Finalsatz noch gemeinsam übertrumpften in funkensprühender Bravour. Haydn hat ihn zwar nicht mit „con spirito“ überschrieben, aber genau so wurde er interpretiert: geistvoll, witzig, unbeschwert.
Mit der 3. Suite aus Ottorino Respighis „Antiche Danze ed Arie“ schlossen die Streicher der Berliner Symphoniker den Kreis. Wie Skalkottas‘ Tänze ebenfalls in den 1930er Jahren entstanden, verarbeiten sie „alte“ Musik in einer neuen Klangsprache. Dafür reicht die konventionelle spätromantisch geprägte Spielweise nicht aus, die subtilen Kompositionen fordern Reflexion und Transparenz. Daran und an der Balance der Stimmen fehlte es nun: Die Streicher gerieten in ein symphonisches Fahrwasser und verdeckten die kammermusikalischen Farben und Strukturen unter üppigen Klangmassen. Doch die Spielfreude wirkte überzeugend und wurde mit so viel Applaus quittiert, dass das Orchester dem Publikum gern noch den Walzer aus Tschaikowskys Streicherserenade als Zugabe schenkte.