Kino

Französische Filmtage: Glamour und Preise

Mit der Vergabe des Grand Prix an „Le Ravissement“ von Iris Kaltenbäck endeten die 40. Französischen Filmtage.

TÜBINGEN. Als einzige Preisträgerin der 40. Französischen Filmtage war Anaïs Telenne nach Tübingen gekommen – oder geblieben. Ihr „Mann aus Ton – L‘ Homme d’Argile“ hatte dem Publikum am besten gefallen, das als kundig und enthusiastisch gilt. Auch Emmanuelle Devos, deren Retrospektive als absolutes Highlight leuchtete, war schon abgereist. Den mit 9000 Euro dotierten Grand Prix gewann ebenfalls eine Frau: die 1988 geborene Iris Kaltenbäck, deren Langfilm-Debüt „Le Ravissement – Die Verzückung“ schon in Cannes mit dem Kritikerpreis geehrte wurde. Mit der Abschlussparty im „Ratskeller“ endete am Mittwoch spätnachts ein Jubiläums-Festival, das laut Moderatorin Elena Sofie Böhler nicht nur am Spielort Rottenburg einen neuen Besucherrekord einheimste.

Anais Telenne und Festivalleiter Christupher Buchholz. Foto. Martin Bernklau

Auch an den Festivalstätten Stuttgart und Reutlingen, im „Kamino“, wurden Publikumspreise verliehen. Die Tübinger Jury mit Virginie Fabre-Franz, Nicole Gillet und Philippe Maynial hatte sich unter den neun Wettbewerbsfilmen noch eine lobende Erwähnung für „Augure – Omen“ vorbehalten, den der belgische Rapper und Regisseur Baloji über einen Kongo-Heimkehrer gedreht hat. Der einstimmig gekürte Siegerfilm „Le Ravissement“ erzählt die Geschichte der Hebamme Lydia, die mitten im Scheitern ihrer Beziehung nach einem One-Night-Stand die Schwangerschaft ihrer besten Freundin begleitet und das Kind später als ihres ausgibt. Die Regisseurin grüßte und dankte per Video.

Eine vierköpfige Jugendjury hatte sich wettbewerbs-übergreifend Hugues Hariches Drama „Rivière“ zum Gewinner erkoren, das von erster Liebe, Vatersuche, Eishockey und Medikamentensucht handelt. Den Kurzfilm-Preis eroberte sich „Love me true“, der Animationsfilm von Inès Sedan, dessen Provokation, „Pop-Farbigkeit“ und Soundtrack die Jury in höchsten Tönen lobte – in einem Wettbewerb, dessen „Qualität, Originalität, Fantasie und Technik“ nichts weniger als „formidable“ gewesen sei – und dabei auch auf den hohen Frauenanteil hinwies. Ein Lob bekamen dabei auch der kanadische Kurzfilm „Mothers and Monsters“, eine Satire von Edith Jorisch, sowie „Vulnérable“, der „virtuose“ und gleichfalls auch für den Soundtrack ausgezeichnete Frauen-Box-Film des Belgiers Noureddine Zerrad.

Den Stuttgarter Publikumspreis errang der Historienfilm „Eine Frage der Ehre“. Nicht nur die Moderatoren Elena Sofie Böhler und Festivalleiter Christopher Buchholz, sondern vor allem die Jury pries den Siegerfilm „Le Ravessement“ überschwänglich als „sehr ästhetisch“ und für seine „Wucht der Gefühle“. Buchholz, seit 14 Jahren im Amt, hatte resumiert, das Festival habe „eine völlig andere Sicht auf die Gesellschaft“ geboten als noch vor einer Dekade. Der einzig präsenten Preisträgerin überreichte er neben der Flasche Champagner den Plüsch-Affen, der in Tübingen das ist, was in Cannes die Palme, in Vendig der Löwe und in Berlin der Bär sind.

Click to comment

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

To Top