Das Faschingskonzert der Württembergischen Philharmonie erklang am Donnerstag „Allegro con fetti“ in der fast vollbesetzten Reutlinger Stadthalle

REUTLINGEN. Konfetti gab’s zwar keine, doch Orchester und Publikum brachten reichlich gute Laune und bunte Hüte, Perücken und Kostüme mit in den fast voll besetzten großen Saal der Stadthalle. Das Faschingskonzert der WPR wird seit jeher gern dazu genutzt, den Weiheton mit dem schwarzen Anzug im Schrank zu lassen und dafür musikalische Späße aufzuführen. Im Gegensatz zu früheren Auftritten mit internationalen Stars wie den Classic Buskers war diesmal ein Sparprogramm angesagt; der Programmflyer (ohne Programm) nannte es eine „äußerst personalsparende Luxusfusion vom Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz mit den Berliner Philharmonikern – und der WPR“.

Aus München kamen die Sopranistin Jennifer O’Loughlin und der Dirigent Andreas Kowalewitz, aus Berlin Hornist, Autor und Moderator Klaus Wallendorf, der schon mehrfach in Reutlingen zu Gast war und nun ein weiteres Mal mit launig Selbstgereimtem (und eigenen Gesangseinlagen) als seriöser, sprachgewandter und augenzwinkernder Conférencier fungierte.
Musikalisch war eine Mischung aus lustig neu-kombinierter E-Musik nach Art der Buskers, „leichter Klassik“ und Musical zu erleben; die übliche Präzision wurde zugunsten lockerer Spielfreude hintangestellt. Da wurde Brahms‘ Ungarischer Tanz Nr. 5 gekreuzt durch Störmanöver von Wagner und Beethoven, Blöken und Hufgetrappel, Mozarts Klaviersonate „alla turca“ erklang als Schnellsprech-Liedchen und Klavierschüler-Klage von Wallendorf; beim Narrengalopp durften die Musiker „hahaha“ und das Publikum (auf Kommando) „bäh!“ rufen.
Künstlerischen Ernst brachten die drei Nummern von Jennifer O’Loughlin ins Spiel: Sie überwand als Violetta Valéry (La Traviata) mit makellosem Sopran und mühelosen Höhen bravourös diverse orchestrale Störmanöver, zelebrierte Bernsteins „Glitter and be Gay“ aus „Candide“ als ernste Koloraturarie (während hier überdrehte Komödiantik am Platze wäre) und „Someday My Prince Will Come“ als romantischen Lovesong.
Einen langen Abschnitt bildeten Variationen über Linckes Marschlied „Berliner Luft“, kombiniert mit witzig Gereimtem von Wallendorf und Anleihen bei den großen Meistern kreuz und quer durch die Musikgeschichte. Erfahrene Konzertgänger durften hier, jede/r für sich, die Melodien in und zwischen den Zeilen erraten. Fast echt hingegen waren eine „Gewitterszene und Teufelstanz“ nach Mayseder und Hellmesberger und (nach der Pause) ein Gershwin-Medley.
Die Mitte des zweiten Teils nahm ein umfangreiches Zuhörer-Musikquiz ein, moderiert durch den Dirigenten. Dass die Fragen nach berühmten Werken anhand von Schlussakkorden und Begleitmotiven jeden Konzertbesucher genauso überforderten wie die drei Mutigen auf der Bühne, überspielte der Quizmaster mit generösem Humor. Leichter zu verstehen war danach Lumbyes „Champagner-Galopp“ mit Korkenknall und Glockenspiel.

Am Ende wird der Abend mit viel Beifall quittiert. Als Zugabe singt Wallendorf seine bekannte zungenbrecherische „Tokyoter U-Bahn-Stationen-Polka“ von Nishi-Takashimadaira bis Shinagawa Nezu Nakano – mit der Aufforderung „Und jetzt alle!“, was natürlich wieder Gelächter hervorruft und das Publikum um halb elf entspannt entlässt.
Titelfoto: WPR (später mehr)
