Kino

Bob Dylan – „Like A Complete Unknown“

Im Tübinger „Museum“ und die dem Reutlinger „Cineplex Planie“ ist das Bob-Dylan-Biopic „Like A Complete Unknown“ zu sehen

TÜBINGEN/REUTLINGEN. Für deutsche Kinofans lief mit James Mangolds „Like A Complete Unknown“ der letzte der Oscar-Favoriten erst auf den letzten Drücker an: In der Nacht auf Montag (unserer Zeit) wird in Los Angeles entschieden, verliehen und gefeiert. Der Film ist achtmal nominiert.

Es geht um die Sechziger, um die frühen Jahre jenes Robert Allen Zimmermann, in denen er sich den Namen Bob Dylan gab und an der Seite der schönen Joan Baez zum Idol, zur Ikone der amerikanischen Folk-, Friedens und Bürgerrechtsbewegung aufstieg, bevor er auf dem Newport Folk Festival seine E-Gitarre in den Verstärker stöpselte und zum Rockmusiker wurde – oder zum Rock desertierte. Denn das war Verrat an der reinen Lehre des Folk und trat einen wahrhaftigen Glaubenskrieg los. Übrigens hat der große Martin Scorsese auch schon einen dokumentarischen Dylan-Film über diese Zeit und diesen Streit gedreht.

In der Rolle des jungen Bob Dylan liefert Timothée Chalamete tatsächlich eine oscar-würdige Leistung ab, gerade weil er das Geheimnis um diese Figur, die Tiefen und Widersprüche eines Charakters und eines Künstlers nicht lösen will, der für die Kraft seiner Worte schließlich sogar mit dem Literatur-Nobelpreis bedacht wurde. Bob Dylans Einfluss auf die Musik seiner Zeit ist überhaupt nicht zu messen. Die „Never ending tour“ des inzwischen 83-Jährigen hält bis heute an.

Der Film ist gut, schon weil er dieses rätselhafte Genie nicht zu entschlüsseln oder zu erklären versucht, sondern in künstlerischer Freiheit – bis zu Auslassungen wichtiger Gefährten (wie Allen Ginsberg), bei besonderen Schwerpunkten, Konzentration auf die Erzählstränge Liebespartnerinnen und Folk-Rock-Schisma – unaufdringlich darstellt und mit dem Motiv des Reisens, aus Minnesota zum nervenkrank dahinsiechenden Vorbild Woody Guthry trampend, am Ende mit dem Motorrad vom Alten weg zu neuen Horizonten, dramaturgisch gut einrahmt. Ob Film und routinierte Regie so gut sind, mit einem Academy Award die absolute Spitze zu erreichen, mag eher fraglich erscheinen.

Dylan/Chalamete und seine Sylvie/Suze/Farring. Fotos: Verleih

Von der Hauptrolle Timothée Chalamete hatten wir es schon: absolut oscar-würdig. Bei den Nebenrollen hätten wir den Pete Seeger-Darsteller Edward Norton sicher auch gelobt, vielleicht nicht ganz so überschwänglich; bei den Nebendarstellerinnen doch eher Elle Farring als Dylan-Gefährtin Sylvie (der echten Suze Rotolo nachgebildet) vorgezogen gegenüber einer eher oberflächlich schönen und nicht besonders charismatischen Monica Barbaro als Joan Baez. Der Regisseur und Jay Cocks haben Elijah Walds Vorlage „Dylan goes electric!“ sicher ganz gut adaptiert. Die Musik wurde schon deshalb nicht für einen Academy Award nominiert, weil der Film fast nur Dylan-Originale covert – aber das, vor allem mit Timothée Chalamete, ganz herausragend.

Mal abwarten. Aber unabhängig von den Oscars ist diese Filmbiografie für alle Dylan-Fans, Dylan-Verehrer, Dylan-Bewunderer, Rock-Kenner und Folk-Freunde – und nicht nur die – ein absolutes Muss. Beste Unterhaltung sind diese fast zweieinhalb Kinostunden sowieso.

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