Musik

Kammermusik – Zauber des Zarten

Die Geigerin Christine Busch und Stefania Neonato am Hammerflügel traten im Kleinen Saal der Reutlinger Stadthalle auf

REUTLINGEN. Es gab gewissermaßen einen dritten Stargast beim Kammerkonzert, das die Stuttgarter Violinprofessorin Christine Busch und ihre Kollegin, die Pianistin Stefania Neonato, am Mittwochabend im Kleinen Saal der Reutlinger Stadthalle gaben: den 1993 von Monika May für die Musikhochschule gefertigten Nachbau eines Hammerklaviers von Anton Walter. Der begehrte Wiener Klavierbauer schuf auch die Fortepianos für Mozart, Beethoven und Schubert.

Man kann sich kaum vorstellen, was die Erfindung des Fortepiano durch Bartolomeo Cristofori um 1698 in Florenz für die Komponisten und Pianisten bedeutete, als es sich allmählich durch Instrumentenbauer wie Gottfried Silbermann oder Johann Stein entwickelte und schließlich in der Wiener Klassik durchsetzte: Dynamisches Spiel, Anschlagskultur erweiterte den bis dahin statischen, mit dem Federkiel angezupften Ton der Tasteninstrumente aus der Cembalo-Familie und des Clavichords.

Der erste Teil des Konzerts galt Violinsonaten Wolfgang Amadé Mozarts (1756 bis 1791), damals noch korrekter als „für Klavier und Violine“ bezeichnet. Denn zumindest zuvor galt die Geige dabei meist noch als verzierendes, begleitendes Instrument. Die Sonate in e-Moll KV 304 ist die wohl berühmteste unter seinen zahlreichen Werken für diese Gattung, nicht zuletzt ihrer etwas düster-melancholischen Aura wegen. Der 21-Jährige schrieb sie wohl unter dem Eindruck des Todes seiner Mutter Anna Maria auf der gemeinsamen Konzertreise in Paris.

Christine Busch hob zwar die ausgeprägten Kontraste des (nach Kirchensonatenform) zweisätzigen Werkes hervor, spielte aber eher elegisch als pathetisch, mit weichen Linien und gleichmäßig zurückhaltenden Staccati. Stefania Neonato phrasierte gleichermaßen sanft, mit geschmackvollen Rubati, und führte auch in der Geläufigkeit jenen zarten Ton vor, der das Hammerklavier auszeichnet.

Danach erläuterte die Marburger Klavierbauerin Monika May die Bauweise und die Besonderheiten dieses Fortepiano gerade gegenüber den klangmächtigeren Flügeln, die sich noch daraus entwickeln sollten: ein Holzrahmen statt Gusseisen, weniger und feinere Saiten, lederbespannte Hämmer und für Dämpfung und Hall Kniehebel statt späterer Pedale, die schmaleren Tasten, bei kleinerem Umfang, aus Tierknochen statt aus Elfenbein, tiefere Stimmung.

Auch bei Mozarts B-Dur Sonate Köchelverzeichnis 378, als Teil eines Zyklus 1781 das erste in Wien veröffentlichte Werk (und der Schülerin Josepha Auernhammer gewidmet), nahm Christine Busch alles extrovertiert Virtuose weit zurück, blieb unaufdringlich in den technischen Fertigkeiten und Differenzierungen, für die das spielfreudige Stück mehr Möglichkeiten bot als das vorangehende. Flinke Finger und tolle Läufe aber konnte sie ebenso vorführen wie ihre Partnerin mit ihrem zart funkelnden Jeu perlé, das gerade in den Höhen manchmal noch an einen Cembaloton erinnerte.

Seine Sonate D-Dur opus 12/1 hat Ludwig van Beethoven (1770 bis 1827) im Jahr 1798 seinem damaligen Lehrer Antonio Salieri gewidmet. Das Duo verflachte den schon unverkennbaren männlich-trotzigen Beethoven-Ton zwar nicht, kostete aber auch die weniger ruppigen Passagen mit erstaunlich zierlichem, zartschmelzenden Klang aus. Wieder gaben die beiden Musikerinnen den Sätzen mit dezenten Rubati, Betonungswechseln und abgestimmten Phrasierungen Kontur und Gesicht.

Franz Schuberts (1797 bis 1828) nach seinem Tod vom Verleger Diabelli zu Sonatinen verniedlichten drei Stücke opus 137 sind zwar wohl von dem 19-Jährigen eher für den Hausgebrauch geschrieben worden, aber besonders in ihrem Wechselspiel der beiden Instrumente keineswegs leichtgewichtig. Manches deutet darauf hin, dass Mozarts e-Moll-Sonate und auch Beethoven Vorbilder abgaben. Das Finale im 6/8-Takt gab beiden Musikerinnen doch Gelegenheit, in explosiven Läufen mit höchstem Tempo ein wenig dem Virtuosen zu huldigen, wobei nicht zuletzt Christine Buschs Bogentechnik zu bewundern war.

Christine Busch (links) und Stefania Neonato. Bilder: Martin Bernklau

Die Zuhörer im zu drei Vierteln besetzten Saal applaudierten stürmisch und ausdauernd, wofür sie als erste Zugabe das knitz ironische Scherzo aus Beethovens „Frühlings-Sonate“ bekamen.

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