Bühne

In Jux und Liebe: Shakespeare

Die Shakespeare-Truppe vom Lindenhof

In Jux und Liebe: Shakespeare

HECHINGEN-STEIN. Was für ein Sommernachtstraum! Im Zeichen der beleuchteten Burg Hohenzollern, auf den römischen Ruinen des ausgegrabenen Gutshofs von Hechingen-Stein, mitten in der Natur und vor der Kulisse seiner Schwäbischen Alb zelebriert das Melchinger Lindenhof-Theater das vielleicht verrückteste, jedenfalls übermütigste Stück, das William Shakespeare als größter aller Dramatiker ganz gewiss genau für solche Nächte geschaffen hat. Am Samstagabend war Premiere für ein spektakuläres Sommertheater im Römischen Freilichtmuseum.

Gegen die Unbilden des Wetters hatten die Gastgeber vorgesorgt und die Zuschauer gratis mit Ponchos aus Plastik versorgt. Zwei Regenschauer rahmten eine Inszenierung ein, die Christoph Biermeier nicht nur als Regisseur besorgt hat, sondern gemeinsam mit Georg Kistner auch als fulminant freie Übersetzung und Neufassung des zeitlos aktuellen Textes um antikische Liebeshändel von Herrschern und Handwerkern, von Frauen und Männern, auch von verkleideten – und von Schauspielern: das Spiel im Spiel.

Und die Lindenhöfler hatten ihre alte Garde von Bernhard Hurm und Franz Xaver Ott ebenso aufgeboten wie die Grandes Dames Linda Schlepps oder Carola Schwelien neben ihren jungen Wilden, zu denen an der Seite des gleichfalls uneingeschränkt großartigen Luca Zahn auch die Gastgewächse Rino Hosennen, Marie-Anjes Lumpp und Hannah im Hof zählten. Die nahmen sich gegenseitig nichts und gaben sich nichts.

Dieses sehr gemischte Team wetteiferte um ein intensiv klassisches wie um ein übermütig, fast spontan wirkendes Spiel, das dieser köstlich bis zum Kalauer und zur Zote zugespitze Text anbot: zwischen Slapstick und komödiantischer Klassik, schrill akrobatisch aktueller Wortspielerei und unbändigem Klamauk. Gereimt oder gerapped, ungezügelt frei – nichts noch so Peinlichem fremd – oder edel gebunden gingen diese zeitlosen Shakespeare-Sentenzen ohne Brüche in einen doch so locker authentischen Gegenwarts-Sprech über, dass die Zuschauer immer öfter auch lauthals lachen mussten.

Manche dezente Anspielungen aus diesem Feuerwerk an Wortdrechselei waren vielleicht eher für Kenner – „Zettels Traum“ oder als Requisit das rote Hölderlin-Sofa aus der großen Lindenhof-Historie. Aber das wirkte im schwungvollen Überschwang kein bisschen geziert, zumal schon der originale Shakespeare sich als gekrönter Kalauer-König gefällt und an klassischen Verweisen nicht spart. Hinter den ehrwürdigen Übersetzern, die ihm da eifrig nachzueifern versuchten, mögen diese Neu-Texter tatsächlich nicht wirklich zurückfallen. Und nicht nur im stammelnden Wortverbieger Bernhard Hurm, dem Altmeister, hatten sie ein geniales Sprachrohr.

Der muss sich dann vom bärtigen Pseudo-Mann im BH überm straffen Männer-Oberkörper abknutschen lassen. Und dieser Franz Xaver Ott stürzt sich schließlich mit feinster Theatralik ins Schwert. Vor den so wichtigen Schlussmonologen der Hauptfiguren mag es vor allem für nasskalt klamm gewordene Zuschauer-Gemüter ein paar Längen gegeben haben. Zur fein ausgesuchten Musik von Thomas Unruh tanzte man aber am Ende einen Sirtaki, wie sich das für den Schauplatz Athen, sein Feen-Wäldchen und seine handfesten Handwerker gehört. Und man schmiegte sich an all den aufblasbaren knallbunten Kuschelkitsch, für den die Liebenden und Lüsternen aller Zeiten immer empfänglich bleiben werden.

Großes Kino, grandiose Kulisse, tolles Theater.

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