Musik

Celloabend – Spielwitz und Klangzauber

Alexander Hülshoff und Bernd Glemser gastierten am Dienstagabend im Festsaal der Neuen Aula

TÜBINGEN. Der Festsaal der Neuen Aula in Tübingen eignet sich am besten für kleine Orchester und größere Ensembles. Die ganz großen und die ganz kleinen Besetzungen sind hier akustisch nicht gut aufgehoben; intime Kammermusik braucht Nähe. Diese Beobachtung drängte sich am Dienstagabend auf, als der Cellist Alexander Hülshoff im Duo mit dem Pianisten Bernd Glemser auf die Bühne des gut besuchten Festsaals trat.

Beide sind renommierte Solisten und großartige Künstler. Wenn jedoch die Raumakustik Artikulation und Klangfarben verwischt, haben nicht nur die Chronisten es schwer, sondern auch die Ausführenden selbst: Weite und Nachhall inspirieren nicht eben zu tiefgründiger Auseinandersetzung mit sich und dem Werk; so kann man nur einen oberflächlichen Eindruck gewinnen.

Cellist Alexander Hülshoff mit Bernd Glemser am Flügel. Foto: Susanne Eckstein

Fragen warf auch die Sitzposition auf: Die beiden kehrten sich den Rücken zu, hin und wieder warf der Pianist einen Blick nach hinten. Offenbar reichte das „blinde“ Spüren aus, dabei bilden Hülshoff und Glemser kein festes Duo.

Ihr Programm aus Originalwerken für Cello und Klavier begann mit einer „leichten Übung“ für die zwei Solovirtuosen: Robert Schumanns drei Romanzen op. 94, betont schlichte Stücke, im Revolutionsjahr 1849 ursprünglich für Oboe und für den Hausgebrauch komponiert. Sie klangen hier wie Schumanns beliebte „Träumerei“: weich und weltverloren. Hülshoffs Cello-Kantilene wurde untermalt durch Glemsers perlende Begleitung.

Für Ludwig van Beethovens Cellosonate op. 69 braucht es mehr; bei ihr könnte man – unter günstigeren Umständen – Konturen schärfen und Tiefenstrukturen erkunden. Doch hier wirkte sie fast wie beiläufiges, gefühliges Geplänkel, zwar (soweit hörbar) brillant gespielt, doch ohne Tiefgang und innere Spannung. Der Adagio-Satz erschien erneut wie eine Träumerei, der schnelle Finalsatz erinnerte an die „Schule der Geläufigkeit“ des Beethovenschülers Czerny.

Nach der Pause nutzten die beiden Künstler die Chance, Spielwitz zu zeigen, mit Antonín Dvořáks Rondo für Violoncello und Klavier g-moll op. 94. Hier überzeichneten sie die Kontraste in fast ironischer Weise und machten aus dem Gelegenheitswerk von 1892 eine zweite „Humoreske“.

Mit Sergej Rachmaninoffs Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll op. 19 setzte das Solisten-Duo ein kammermusikalisches Schwergewicht an den Schluss: Der pianistisch opulente und anspruchsvolle Klavierpart kam Bernd Glemsers besonderem Können und seinen Neigungen entgegen, der schlichte Cellopart bot Alexander Hülshoff Gelegenheit, die weit gespannten Kantilenen auf den Saiten auszusingen.

Sah sich der Starpianist unterfordert in einer undankbaren Begleiterrolle? Hie und da unterbrach er sein vollgriffiges, mit weichem Anschlag veredeltes Perlen und Rauschen durch launige Ausbrüche und agogisches Dehnen. Im Andante zelebrierte er herrliche Anschlagskultur, während der Cellist die Kunst der Kantilene feierte; gemeinsam ergingen sie sich mit Rachmaninoff so schwelgerisch in romantischem Klangzauber, dass das Publikum spontan Zwischenapplaus spendete.

Viel Beifall für das Duo. Foto: Susanne Eckstein

Mit dem abwechslungsreichen Finalsatz, seiner leidenschaftlichen Steigerung und dem mit überraschenden Wendungen aufwartenden Schluss hatten sich die Künstler offenbar warmgespielt. Für den Applaus des Publikums bedankten sie sich mit zwei Zugaben: einem „Lied ohne Worte“ von Mendelssohn, das den Kreis zum Anfang schloss, und dem „Orientalischen Tanz“ des jungen Rachmaninoff, in dem das Spiel mit Nuancen und Klangfarben neue Dimensionen eröffnete.

Click to comment

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

To Top