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LTT-Sommertheater – Eine rasante Sause

Am Tübinger Europaplatz eröffnet das LTT sein musikalisches Sommertheater furios mit „Sex and Drugs and Schlagertraum“

TÜBINGEN. Faust goes Song Contest. Die Idee ist ganz einfach – und funktioniert prächtig. Das lang schon musikalisch ambitionierte LTT bringt eine Revue in den Globe-Theaterkubus vor dem Hauptbahnhof, in der ein Iggy-Pop-Mephisto den deutschen ESC-Altmeister „Rolph Kugel“ faustisch durch den Kakao zieht, quer durch die Geschichte von Schlager und Rock bis Punk und Dieter Thomas Kuhn schleift – und für das Versprechen eines weiteren Sieges seine Seele kapert. Am Donnerstagabend war die frenetisch gefeierte Premiere. Ein leicht prolliger, mit übermütiger Spielfreude dargebotener Sommernachtstraum.

Foto: LTT/Ken Werner

Ein grandioser Gilbert Mieroph spielt und singt in dieser herrlichen Parodie diesen lächerlich ambitionierten alten Herrn, der nach „Ein bisschen Frieden“ immer noch auf einen zweiten Sieg und auf Frischfleisch geil ist – im Duell mit einer nicht minder fantastischen Franziska Beyer. Genauso gut, sozusagen als Gretchen in Gestalt von Debby Harry (oder Patty Smith): Robi Tissy Graf. Vielleicht sah sie schwarzledern der Iggy-Pop-Mephista etwas zu ähnlich im Outfit.

Robi Tissi Graf und Gilbert Mieroth. Foto: Martin Bernklau

Als „JederMensch ist ein Künstler!“-Beuys oder als DTK (der fröhlich im Publikum saß) konnte Jonas Hellenkämper ebenso glänzen wie das Star- und Sternchen-Personal der weiteren Katjas: Insa Jebens, Andreas Guglielmetti und Rosalba Salomon oder auch Katharina Engelmann als „Conchita aus der Asche“ mit dem aktuellen ESC-Siegersong aus Österreich. Köstlich als Tübinger Fensterbank-Glotzerinnen Waldorf und Statler – mit pfupferndem Rock im Blut – Sabine Weithöner und Susanne Weckerle. Sie singen und tanzen alle umwerfend gut.

Vocals im Epple-Haus. Foto: Martin Bernklau
Foto: LTT/ Ken Werner

LTT-Hausmusikus Jörg Wockenfuß (auch Leader der fantastisch vielfältigen und versierten Band) und Nicolas Schwarzbürger haben diesem Ensemble ein Stück zusammengestellt, das nicht nur reihenweise musikalische Highlights, nämlich sage und schreibe 44 gecoverte Hits raushaut, sondern die Story auch mit einem Text voller Anspielungen und funkelnder Pointen vorantreibt. Pfiffig verfremdete Goethe-Reime kommen immer gut. Boshaftigkeiten oder freche Sprüche auch: „Ich bringe öfter einen neuen Schlager raus als den Müll“, prahlt Rolph Kugel.

Thorsten Weckherlin hat das bildstark und einfallsreich inszeniert. Anja Bosch, die Tango-Spezialistin, fügt mit ihrer Choreografie den musikalischen Ambitionen des LTT fast ein weiteres Genre, eine zusätzliche Facette bei, und Kay Antony (Bühne) hat die Show zusammen mit Bernadette Weber (Kostüme) glamourös ausgestattet. Nach der untergehenden Sonne erleuchtete eine tolle Lichtregie die Szene mit lokalem Hintergrund, realiter nicht weit entfernt: das Epple-Haus und sein benachbartes Picasso-Lokal. Dort gegenüber trifft sich auch die Drogenszene.

Natürlich darf auch auch mal tiefer Ernst und schwerere Kost sein, Romantisches oder poetischer Liebeszauber.. Aber das war Sommertheater, wie es sein soll. Auf den 440 Plätzen wurde ausdauernd gejubelt, nachdem als finales Zeichen Goldschlangen heruntergeregnet waren. Und noch einmal erklang die Eurovisionshymne, die schon zu Beginn auf die Ränge gerufen hatte.

Info: „Sex and Drugs and Schlagertraum“, das Sommertheater des LTT, wird bis zum 28. Juli 2025 auf dem Europaplatz mit 18 weiteren Vorstellungen gegeben. Beginn ist jeweils um 20.30 Uhr.

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